Inhalt Nathan der Weise & Interpretation



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Inhalt Nathan der Weise


Nathan, ein reicher Jude, kommt von einer Geschäftsreise in seine Heimatstadt Jerusalem zurück. Er erfährt, dass seine Tochter Recha von einem Kreuzritter vor dem Verbrennungstod gerettet worden ist. Dieser Tempelherr ist Angehöriger eines christlichen Ordens und verdankt selbst sein Leben der unerwarteten Begnadigung durch den Sultan Saladin. Dieser Sultan bemerkt beim Anblick des Tempelritters dessen Ähnlichkeit mit seinem verstorbenen Bruder. Nathan bewegt den jungen Ritter dazu, seiner Tochter Recha einen Besuch abzustatten um ihren Dank entgegenzunehmen. Sultan Saladin, der den Juden Nathan auf die Probe stellen will, fragt diesen nach der "wahren Religion." Nathan antwortet ihm mit der Ringparabel: Ein König hatte einen Ring, der die Eigenschaft besaß, seinen Träger "vor Gott und Menschen angenehm zu machen." Um seine drei Söhne gleichermaßen zu Erben zu machen, lässt der König zwei Duplikate des Rings anfertigen und übergibt vor seinem Tod jedem Sohn einen Ring. Als unter ihnen ein Streit über den echten Ring entsteht, schlichtet ein kluger Richter den Streit, indem er jeden der drei auffordert, "die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag zu legen", also durch Humanität und mitmenschliches Verhalten die dem Ring zugeschriebene Wirkung zu verwirklichen. Der tief beeindruckte Sultan bietet Nathan seine Freundschaft an. Währenddessen verliebt sich der Tempelherr in Nathans Tochter und hält um ihre Hand an. Doch Nathan verweigert ihm dies, da er einen nahen Verwandten in ihm vermutet . Als der Tempelherr erfährt, dass Recha gar nicht die Tochter Nathans, sondern ein christlich getauftes Waisenkind ist, wendet er sich an den Patriarchen von Jerusalem. Jener will Nathan mit einer Intrige zu Fall bringen, jedoch schickt er zu diesem Zweck zufälligerweise den Klosterbruder, der vor vielen Jahren die elternlose Recha dem Nathan anvertraut hat. Durch die Hinweise des Klosterbruders erkennt Nathan, dass der Kreuzritter Rechas Bruder ist. Ebenso stellt Sultan Saladin fest, dass der Tempelherr der Sohn seines toten Bruders Assad ist. Nathan, der nun nicht mehr ein Familienmitglied ist, wird von Recha und dem Tempelritter als Vater anerkannt.

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Interpretation Nathan der Weise


In der Ringparabel in Nathan der Weise von Lessing geht es um die wahr Religion der drei großen Weltreligionen. Diese Wahrheit wird von Saladin erfragt, welcher Sultan von Babylon ist und muslimisch. Die drei Weltreligionen, Judentum, Christentum und der Islam, werden durch die drei Ringe dargstellt, wovon einer der wahre ist und beliebt gemacht hat, Vorrechte verliehen hat und die Herrschaft legitimiert. Diese vermeidlichen Vorteile lassen sich auch auf die "wahre" Religion abbilden und mit ihr vergleichen, denn so schafft das Wissen nach der wahren Religion, genau wie nach dem wahren Ring zwar die oben aufgeführten wohlmöglich positiven Aspekte, jedoch schafft das erlangen dieses Wissens und dessen Verteidigung gegenüber anderen Meinungen, z.B. über die wahre Religion, Streit, gegenseitiges Beschuldigen und die Behauptung der Selbstgerechtigkeit. In der Ringparabel spielt Nathan die wichtige Rolle des Aufklärers und in der Parabel selbst den Richter, der jede Religion als die wahre bezeichnet, wenn ein Individuum diese für wahr hält. Dies begründet auch den Umgang mit Religionen im Sinne von Toleranz, Respektvollem Umgang auf zwischenmenschlicher Ebene, um damit den Pluralismus zu ermöglichen und ein besseres Zusammenleben auch mit verschiedenen religiösen und persönlichen Interessen möglich zu machen. Dies kann man auf verschiedenste Religionskonflikte der letzten Jahre beziehen, welche mit mehr Toleranz und einem humanitären Umgang miteinander auch gewaltfrei zu lösen gewesen wäre. Die Ringparabel verkörpert somit den Sinn von zwischenmenschlichen Erfahrungen, Richtlinien und auch ethischen Grundsätzen, welche die Menschen tiefer verinnerlichen sollten und welche sie im Zeichen der Aufklärung für sich alleine entscheiden sollten. So könnten die Menschen verschiedener kultureller Ansichten und Absichten besser miteinander auskommen und könnten ihren eigenen Gedanken mehr folgen, als nur den Gedanken derer zu folgen, die zwar einer anderen Meinung sind, aber dem gleichen Kulturkreis angehören. In diesem Sinne kann man Lessings Ringparabel durchaus sogar in Bezug zu Kant setzen, welcher für Aufklärung und für ein Zeitalter der Aufklärung wirbt, wodurch ein höheres Aufklärungsniveau erreicht werden kann. Des Weiteren geht Nathans Denkweise in der Ringparabel so weit, dass er mit der Abweisung von der Existenz einer wahren Religion als Vorgabe für jedes Individuum den von Gott vorgegebenen Plan für ein beliebiges Individuum verteidigt und durchsetzen will. Bei einer Vorgabe einer wahren Religion würde es keine Vielfältigkeit geben, nicht mehr in kulturellen oder religiösen Bereichen des Lebens, sondern bezogen auf alle Lebensbereiche.